Jemand

 Es klopft an der Tür. Ich bleibe auf meinem Sessel sitzen, so wichtig kann es ja nicht sein, denke ich mir. Plötzlich hämmert es erneut gegen das Holz. Genervt springe ich von meinem Sessel auf und trample den Flur entlang.

 

«Guten Abend», sagt der Typ, der geklopft hat. «Wenn sie von den Zeugen Jehovas sind, bin ich nicht interessiert», schnaube ich und versuche die Türe schnell wieder zu schliessen. Sein Bein schnellt zwischen die Tür und er grinst mich an. «Ich bin nicht von den Zeugen Jehovas, ich will nur mit ihnen reden», sagt er und lächelt mich an. «Wer sind sie überhaupt», frage ich. «Jemand», antwortet er.

 

Als wir uns etwas später auf mein Sofa gesetzt haben und ich ihm eine Tasse Kaffee gebracht habe, fängt er an zu erzählen. «Ich bin hier, weil ich gehört habe, dass sie sich nicht auf Weihnachten freuen und wollte sie davon überzeugen, trotzdem am Familienfest der Müllers teilzunehmen», sagt er und schaut mich aufmerksam an. «Da bringt mich gar nichts hin» erwidere ich gelassen.

 

«Es ist doch das Fest der Liebe, und wenn ich sehe wie allein sie sind, kann ich mir gut vorstellen, dass sie etwas Liebe gebrauchen könnten» hackt er nach. «Was erlauben sie sich eigentlich?» kontere ich und versuche streng zu tönen.

 

«Ich meine ja nur, dass es ihnen gut tun würde. Es ist doch schön mit der Familie zu feiern.» Ich nicke. «Wenn sie jetzt gehen, überlege ich es mir vielleicht nochmal», sage ich und hoffe, dass er endlich verschwindet. Ohne etwas zu sagen steht er auf, zieht seine Schuhe an und bleibt vor der Tür stehen.

 

«Dürfte ich jetzt wissen wer sie sind?», frage ich, weil ich es wirklich wissen möchte. «Jemand», antwortet er und läuft der nebligen Strasse entlang.

 

Nachdem er weg war, habe ich mich dazu entschieden, doch am Familienfest teilzunehmen.

-Mélodie