Sommer

Und ich bin noch hier.

 

Ich sitze und warte.

 

Ich sehe die Welt, wie sie ist. Menschen laufen vorbei. Manche lächeln. Manche laufen stur geradeaus, gehen ihren Weg, scheinen nichts von der Welt zu sehen. Eine Gruppe Jugendlicher. Sie blödeln herum, sie scheinen glücklich. Auf der Bank sitzt ein Mädchen, ein anderes kommt dazu. Jetzt sind sie zu zweit. Die eine gibt der anderen einen Kuss. Sie sitzen da, dann stehen sie auf und gehen Arm in Arm den Weg hinunter. Der Weg ist mit Kies bedeckt. Vorne, neben den Haus, das aussieht, wie ein riesiger Glasklotz, stehen zwei Bäume. Die Stämme sind dick, ihre Äste reichen höher hinauf als das Haus selbst. Wie alt sie wohl sind? Was sie schon alles gesehen haben?

 

Und ich bin noch hier.

 

Ich sitze und warte.

 

Ich höre die Welt, wie sie ist. Schritte auf Kies. Ein Lachen, Stimmen in einem Gespräch. Musik, ein Klavier, die Töne tanzen durch die Luft, der Wind trägt sie über den Platz. Kirchenglocken. Das Rauschen der Blätter. Autos, die vorbei fahren. Das Zwitschern der Vögel. Eine Fahrradklingel. Das entfernte Grollen eines Flugzeugs. Oder ist es schon Donner?

 

Und ich bin noch hier.

 

Ich sitze und warte.

 

Ich spüre die Welt, wie sie ist. Das Gras kitzelt mich an meinen Beinen. Hinter mir die raue Rinde des Baumes. Die Luft ist warm, der Wind streicht über meine nackten Arme. Ich bin ruhig, ich atme. Eine Bewegung, jemand setzt sich neben mich. Wärme. Die Anwesenheit eines anderen Menschen.

 

Und ich bin noch hier.

 

Ich sitze und warte.

 

Ich rieche die Welt, wie sie ist. Zigarettenrauch liegt in der Luft. Entfernte Autoabgase. Die Erde, frisch gemähtes Gras. Und ein leichter, süsser Geruch. Die Note eines Waschmittels, gemischt mit etwas anderem, das ich nicht beschreiben kann. Der Geruch eines Menschen, so vertraut.

 

Und ich bin noch hier.

 

Glücklich.

 

Ich sitze da, mit dir, und wünsche mir, dass es für immer Sommer bleiben kann.

 

 

 

Von Priska Steinebrunner