Advent, Advent der Tannenbaum brennt

Es ist noch gar nicht so lange her. Ziemlich genau vor einem Jahr; die Familie hat sich bei uns eingefunden, mit vielen Geschenken und schlechter Laune. Wie jedes Jahr fingen mein Vater und meine Grossmutter schon bei der Vorspeise an sich gegenseitig zu provozieren und darauf zu hoffen, dass die andere Person zuerst austickt.

 

Die anderen sitzen, wie jedes Jahr, nur rum und versuchen wenigstens meinen kleinen Cousin zu unterhalten, damit er nicht die ganze mühsame Diskussion mitbekommt. Um ehrlich zu sein, sie spielen eigentlich nur mit ihm, um nicht selbst mitdiskutieren zu müssen, aber das weiss der kleine Louis ja nicht.

 

Nach dem Essen, welches wie jedes Jahr sehr gut war, setzen wir uns auf die Couch und fangen an Lieder zu singen. Mein Grossvater spielt die Lieder immer auf der Gitarre und meine Grossmutter singt immer unglaublich laut und unglaublich schlecht mit.

 

Danach öffnen wir alle die Geschenke. Und wie immer tue ich so als würde ich mich über die selbstgestrickten Socken meiner Grossmutter freuen, auch wenn sie übelst jucken und meistens auch nicht speziell schön aussehen, aber sie meint es ja nur gut.

 

Unterm Tannenbaum liegt unser Kater und schaut dem ganzen Fest aufmerksam zu. Ich wünschte mir manchmal, ich könnte auch einfach unter den Baum liegen und wäre nicht an all den Diskussionen meiner Familie beteiligt.

 

Nach ungefähr zehn Minuten ohne Streit muss meine Grossmutter natürlich wieder anfangen meinen Vater anzugreifen und legt sich dazu krass ins Zeug. Naja, nach den paar Gläschen Wein intus ist sie noch viel aufgebrachter als sie sonst schon immer ist. Dazu redet sie nur wirres Zeug, wenn sie zu viel getrunken hat, was leider an jedem Familienfest der Fall ist.

 

Nun steht Louis auf und sagt sein Gedichtchen auf, welches er wie immer 3 Wochen lang von seinen Eltern eingetrichtert bekam. Er steht da vorne, niemand hört ihm zu, da alle damit beschäftigt sind den Streit zu schlichten.

 

Immer wieder versucht der kleine Louis die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, was ihm sichtlich schlecht gelingt. Er steht unruhig da, zappelt von vorne nach hinten und fängt immer wieder von vorne an, «Advent, Advent» hört man ihn im Sekunden Takt sagen.

 

Plötzlich hört man ein lautes «Miiiaauu». Louis ist auf den Schwanz unseres Katers getreten, der Kater springt auf und erschreckt Louis welcher vor Schreck gegen den Baum prellt und den ganzen Baum umstösst.

 

Es ist plötzlich ganz still und alle schauen nach vorne in Richtung Louis, der mit rotem Kopf vorne steht. Er nutzt die Gelegenheit und fängt an sein Gedichtchen aufzusagen.  

 

«Advent, Adve «Der Tannenbaum brennt», schneidet meine Mutter Louis das Wort ab. Alle schauen zum Baum und versuchen aufgebracht aus der Wohnung zu stürmen, während der Baum in immer grösseren Flammen aufleuchtet.

 

Naja, wenigstens war der Streit an diesen Weihnachten dann vorbei.

 

 

 

Von Mélodie Reinhard